Gewinnung von Seide

Die Rohseide wird in einem aufwändigen Prozess gewonnen, der viel Erfahrung verlangt und sich seit alters her kaum verändert hat.

Aus den Eiern des Maulbeerspinners (Bombyx mori), eines Falters der Familie der Echten Spinner (!), schlüpfen nach etwa 10 Tagen nur gerade 3 mm grosse Raupen. Diese werden mehrmals täglich mit immer grösseren Mengen von frischen Maulbeerblättern gefüttert. Dabei reagieren die Tiere sehr empfindlich auf äussere Einflüsse, weshalb sie vor Zugluft, Temperaturschwankungen und Lärm geschützt werden müssen. Selbst feine Gerüche wie Parfüms können sie in ihrer Entwicklung hemmen.

Nach ca. 30 Tagen und vier Häutungen sind sie gut 10 cm lang geworden und haben ihr Gewicht um das 10'000-fache vermehrt. Nun beginnen sie sich einen Kokon zu spinnen. Dies dauert bis zu fünf Tagen. Abgeschirmt von der Umwelt findet darin die Metamorphose der Raupe zum Falter statt.

In der Mitte der Puppenruhe, wenn die Puppe keine Raupe mehr ist aber auch noch kein Falter, werden die Kokons mit Hitze getrocknet und dabei die Puppen abgetötet. Würden die Falter schlüpfen, wären die Kokons beschädigt und der Seidenfaden könnte nicht mehr abgewickelt werden. So aber können von einem Kokon bis zu 1200 m des edlen Fadens gewonnen werden.

Die für die Zucht ausgewählten Falter leben nach dem Schlüpfen ohne Nahrungsaufnahme nur noch wenige Tage. Nach der Paarung legt das Weibchen 300 bis 500 kaum 2 mm grosse Eier. Der Lebenskreislauf beginnt wieder von vorne.

Für die weitere Verarbeitung müssen mehrere Seidenfäden zu einem feinen Garn zusammengefasst werden. Erst nach dem Weben oder Stricken erhält die Seide durch das Abkochen in milder Seifenlösung ihren geschmeidigen Griff.

Fotos auf dieser Seite: Paolo Mazzei